11. Dezember 2014
Die mehrfach preisgekrönte Schauspielerin und Grande Dame der österreichischen Schauspielszene Christiane Hörbiger war an diesem stürmischen Adventabend unser gefeierter Gast. Unter dem Titel „Leise rieselt Advent“ fand diese besonders persönliche Adventlesung mit anschließender Büchersignierung statt. Das Advent-Solo unter Palmen begeisterte über 350 Besucher in unserem seit Monaten rundum ausverkauften Haus.
Christiane Hörbiger hat seit Jahren ihre liebsten Weihnachtsgeschichten gesammelt. Es sind fröhliche und hintergründige Geschichten von Sehnsucht und Hoffnung, vom Wünschen, von der Vorfreude und der überraschenden Erfüllung. Mit Texten u.a. von Muriel Spark, Karl Heinrich Waggerl, Alfred Komarek, Luigi Santucci, Ulrich Knellwolf, Erich Kästner und Ludwig Thoma.
An diesem Abend entschied Sie sich für einen gelungenen Spannungsbogen von Heiter über heiter Besinnliches über skurril Lustiges, um den Abend wieder mit Besinnlichem zu beenden. Nämlich mit „Ja, Virginia, es gibt einen Weihnachtsmann.“ Den Beifall des Publikums dankte Sie mit ihrem ganz persönlich einzigartigen dreifachen Juchitzer.
Wir bedanken uns bei einer großartigen Künstlerin für diesen unvergesslichen Abend und wünschen auch für die Zukunft die Freude an solchen Auftritten!
Abgerundet wurde das Programm im Vorfeld und zwischendurch mit zwei aufstrebenden Talenten, nämlich Akkordeonist Paul Schuberth und seinem Kollegen Tomás Novák an der Geige. Wir sind uns sicher, dass wir von diesen jungen Persönlichkeiten in Zukunft mehr hören werden.
Fotos: Manfred Gartner
Der Klassiker:
„Ja, Virginia, es gibt einen Weihnachtsmann“
Vor mehr als 100 Jahren schrieb die achtjährige Virginia O’Hanlon einen Leserbrief an den „New York Sun“ in einer dringenden Angelegenheit:
„Ich bin acht Jahre alt. Einige meiner Freunde sagen, es gibt keinen Weihnachtsmann. Papa sagt, was in der ‚Sun‘ steht, ist immer wahr. Bitte sagen Sie mir: Gibt es einen Weihnachtsmann?“
Die Sache war dem Chefredakteur der „New York Sun“ so wichtig, dass er einen erfahrenen Kolumnisten, Francis P. Church, beauftragte, eine Antwort zu entwerfen – für die Titelseite der Zeitung. Der Text wurde so berühmt, dass er Jahr für Jahr aufs Neue erschien. „Welt Online“ dokumentiert den Text in deutscher Übersetzung.
„Virginia, Deine kleinen Freunde haben nicht recht. Sie sind angekränkelt vom Skeptizismus eines skeptischen Zeitalters. Sie glauben nur, was sie sehen: Sie glauben, dass es nicht geben kann, was sie mit ihrem kleinen Geist nicht erfassen können. Aller Menschengeist ist klein, Virginia, ob er nun einem Erwachsenen oder einem Kind gehört. Im Weltall verliert er sich wie ein winziges Insekt. Solcher Ameisenverstand reicht nicht aus, die ganze Wahrheit zu erfassen und zu begreifen. Ja, Virginia, es gibt einen Weihnachtsmann.
Es gibt ihn so gewiss wie die Liebe und die Großherzigkeit und die Treue. Und Du weißt ja, dass es all das gibt, und deshalb kann unser Leben schön und heiter sein. Wie dunkel wäre die Welt, wenn es keinen Weihnachtsmann gäbe! Sie wäre so dunkel, als gäbe es keine Virginia. Es gäbe keinen Glauben, keine Poesie – gar nichts, was das Leben erst erträglich machte. Ein Flackerrest an sichtbarem Schönen bliebe übrig.
Aber das ewige Licht der Kindheit, das die Welt erfüllt, müsste verlöschen. Es gibt einen Weihnachtsmann, sonst könntest Du auch den Märchen nicht glauben. Gewiss, Du könntest Deinen Papa bitten, er solle an Heiligabend Leute ausschicken, den Weihnachtsmann zu fangen. Und keiner von ihnen würde den Weihnachtsmann zu Gesicht bekommen. Aber was würde das schon beweisen?
Kein Mensch sieht ihn einfach so. Das beweist gar nichts. Die wichtigsten Dinge bleiben meistens Kindern und Erwachsenen unsichtbar. Die Elfen zum Beispiel, wenn sie auf Mondwiesen tanzen. Trotzdem gibt es sie. All die Wunder zu denken – geschweige denn sie zu sehen –, das vermag nicht der Klügste auf der Welt. Was Du auch siehst, Du siehst nie alles.
Du kannst ein Kaleidoskop aufbrechen und nach den schönen Farbfiguren suchen. Du wirst einige bunte Scherben finden, nichts weiter. Warum? Weil es einen Schleier gibt, der die wahre Welt verhüllt, einen Schleier, den nicht einmal die größte Gewalt auf der Welt zerreißen kann. Nur Glaube und Poesie und Liebe können ihn lüften. Dann werden die Schönheit und Herrlichkeit dahinter auf einmal zu erkennen sein.
„Ist das denn auch wahr?“, magst Du fragen. Virginia, nichts auf der ganzen Welt ist wahrer und nichts beständiger. Der Weihnachtsmann lebt, und er wird ewig leben. Sogar in zehn mal zehntausend Jahren wird er da sein, um Kinder wie Dich und jedes offene Herz mit Freude zu erfüllen.
Frohe Weihnacht, Virginia!
Dein Francis Church